Ortsnamen mit Bezug zum Familiennamen Nendel


Einige Ortsnamen, die heute die Silbe Nend- oder Nent- enthalten, werden auf die Existenz germanischer Hofbesitzer mit dem Namen Nendilo zurückgeführt. Darunter fallen zumeist im heutigen Bayern gelegenen Dörfer wie Nentmannsreuth und Nendlnach im Bayerischen Wald, aber auch das Dorf Stegaurach bei Bamberg, dessen erste urkundliche Erwähnung im Jahre 973 auf „Nendelin Uraha“ lautet. Nendelin Uraha, das zusammen mit Bamberg am 27. Juni 973 von Kaiser Otto II. an den Bayernherzog Heinrich genannt „der Zänker“ verschenkt wurde, wird heute als „das Wasser des Nendilo, an dem die Ure (Auerochsen) weiden“, übersetzt. Auch dem Dorf Nendeln in der Gemeinde Eschen des Fürstentums Liechtenstein (erste urkundliche Erwähnung im Jahre 1395) wird ein gewisser Nendilo als Namensgeber zugesprochen.5 Unklar ist dem gegenüber, ob auch der Ort Nenzenheim dazu zu rechnen ist. Nenzenheim, wenige Kilometer südwestlich von Nendelin Uraha gelegen, ist vermutlich wie dieses im Zuge der fränkischen Landnahme am Main im 7. Jahrhundert gegründet worden. Darauf deutet die Endung "-heim", die typisch für fränkische Ortsgründungen in diesem Zeitabschnitt ist.

Für die Gemeinde Nendingen wird angenommen, dass ein Sippenoberhaupt namens Nendo sich bereits im Zuge der alemannischen Landnahme in der Folge des Limesdurchbruchs zwischen 260 und 300 bei Tuttlingen an der Donau niedergelassen haben soll. Im heutigen Süddeutschland wurden Siedlungen mit der Endung -ing(en), nach dem jeweiligen Sippenoberhaupt benannt. In einer kriegerischen Auseinandersetzung des Alemannenstammes der Lentienser mit den Franken im Jahr 378 wird von einem Heerführer Nannienus berichtet. Die Lentienser (lateinisch: lentienses, heutige Bezeichnung: Linzgauer oder Linzgaubewohner) waren ein alemannischer Stamm nördlich des Lacus Brigantiae, dem heutigen Bodensee, auf dem Gebiet zwischen Donau im Norden, Iller im Osten und Bodensee im Süden. Der Stamm wird unter seinem Sondernamen nur von dem römischen Schriftsteller Ammianus Marcellinus (330-395) erwähnt. Nannienus führte zusammen mit Malobaudes die Franken in die Schlacht bei Argentovaria (Horburg im Elsaß) und drängte die Lentienser und ihren König Priarius bis in ihr Stammgebiet zurück. Ob der Sieg des Nannienus jedoch zu einer Ortsbenennung führte, ist Spekulation. Es ist jedoch durchaus möglich, dass er am Westrand des Lentiensergebietes sein Heer lagern ließ und somit die Ortsgründung vollzog. Nendingen wurde um 780 von Graf Gerold, ein Schwager Karls des Großen, an das Kloster Reichenau verschenkt, dessen Verwaltung den Grafen von Nellenburg oblag.

Die besondere Lage des Liechtensteiner Dorfes Nendeln am Eingang des Illtals lässt jedoch auch noch eine weitere Erklärungsmöglichkeit der Namensentstehung zu: das keltische Wort für Taleingang „Nantiolon“ könnte sich ebenso zu Nendeln entwickelt haben.6,7 Auch die Entstehung des Ortsnamens von Nennig an der Mosel wird in keltischem Ursprung vermutet.

Nederling in der Gemeinde Moosach wurde zunächst ebenfalls ein Stammesfürst mit Namen Nendilo als Gründer zugesprochen.8 Im heutigen Süddeutschland wurden Orte mit der Endung „ing“ nach dem ansässigen Sippenoberhaupt bezeichnet. Nederling fand jedoch erst 1362/63 seine urkundliche Ersterwähnung in der Besitzliste des Klosters Diessen, während die Nachbarorte mit einer „ing“-Endung bereits im 8./9. Jahrhundert belegt waren. Aus diesem Grunde wird andernorts davon ausgegangen, dass der Ortsname sich aus „in Ederling“ („in der Einöde“) entwickelt hat.9

Im Rheinfränkischen Raum sind ebenfalls Ortsnamen mit der Silbe Nend- zu finden. Das im Dillkreis am Oberlauf des Kallenbaches befindliche Dorf Nenderoth, ursprünglich Nantherisrode, wurde im Jahre 993 zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Dieser Nanthari (hari = bewaffnet), auf dessen Geheiß die Rodung angelegt wurde, wird vermutlich jener gewesen sein, der 868 als Vogt der Besitztümer des heiligen Remigius im Wormsgau erwähnt wird. Es handelt sich dabei mit großer Wahrscheinlichkeit auch um den Gründer des Klosters Münsterdreisen im Wormsgau im Jahre 873.7 Schon im Jahre 863 wird ein Nanthari als Anhänger des Widonen-Kaisers Lothar I. erwähnt. Auch andere Ortsnamen in der Gegend lassen sich auf diesen Nanthari (Kurzform Nanno) zurückführen. So hieß das pfälzische Landstuhl im 8. Jahrhundert Nannenstuhl, Entersweilerhof bei Kaiserslautern war als Nentriswilre bekannt, Nünschweiler bei Pirmasens hieß 1396 noch Ninnesweiler und auch Nanzweiler am Glan enthält einen Hinweis auf Nanthari.10

Ortsnamen mit der Silbe „Nen“, die im norddeutschen Raum auftreten (Nendorp, Nendorf, Nenndorf, Nennhausen) sind von der Bezeichnung „neues Dorf“ oder „neues Haus“ abgeleitet.11


Quellen:

5 NIPP (1911)
6 HOPFNER (1910)
7 ZEHRER (1971)
8 KÜBERT, H (1921): Aus Moosachs Vergangenheit. Münchner Neueste Nachrichten vom 06.04.1921.
9 LATURELL, D. UND MOOSEDER, G. (1980): Moosach – Die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte eines Münchner Stadtteils. Verlag Dr. Benno Tins Söhne, München.
10 METZ, W. (1965): Miszellen zur Geschichte der Walahonen und Salier. Herbipolis jubilans 85, 1-27.
11 SCHREIBMÜLLER, H. (1952): Ahnen Kaiser Konrads II. und Bischof Bruno von Würzburg. Herbipolis jubilans, 173-233.


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